Eine Einführung in "Das Schwarze Auge"

Eine häufige Erfahrung ist, daß Nichtspieler nichts damit anfangen können, wenn man sagt, man spiele "Das Schwarze Auge". Skeptische Blicke künden vielmehr von einem leisen Unbehagen, das Spiel könne etwaiger okkultistischer Aktivitäten als Deckmantel dienen. Was also ist "Das Schwarze Auge" wirklich? Eine kurze Frage, die mitunter einer längeren Antwort bedarf...

Nüchtern angegangen ist DSA (die Abkürzung ist gemeinhin - weil kürzer - gebräuchlicher als "Das Schwarze Auge") zu bezeichnen als ein Fantasy-Rollenspiel. Der Laie ist nun wahrscheinlich genauso schlau wie vorher, während der aktive Spieler die stumpfe Reduzierung der phatastischen Welt des Schwarzen Auges auf diese banale Begrifflichkeit als Beleidigung auffassen könnte. Also gehen wir in Medias Res, wie der Lateiner sagen würde.

Rollenspiele

Rollenspiel ist der Oberbegriff für eine Art des Spiels, die Anfang bis Mitte der 80er Jahre völlig neu entstanden ist. Oftmals lautet die erste Frage: "Spielt man das mit Karten oder auf einem Spielbrett?" Ja, nee... Nichts von beidem! Rollenspiele finden vorrangig im Geist, also im Kopf statt. Man denkt sich hinein in eine fiktive, frei erfundene Hintergrundwelt, in der man gemeinsam mit anderen Spielern ebenfalls frei erfundene Geschichten und Abenteuer erlebt.
Wie diese Welt beschaffen ist, welche Möglichkeiten den dort lebenden Charakteren offenstehen und unter welchen gesellschaftlichen und politischen Formen das Leben stattfindet, hängt vom Spielsystem ab. DSA ist also, wie gesagt, ein Fantasy-Rollenspiel. Die Welt befindet sich auf dem technischen Stand etwa des Mittelalters, man weiß um die Macht und den Einfluß der Götter und nutzt die Kraft Magie. Eine Welt voller Gefahren und voller Helden, die diesen Gefahren zu trotzden versuchen.
Und vor dem Hintergrund dieser Welt, die Aventurien genannt wird, finden also die Geschichten statt, die sich je nach den charakterlichen Merkmalen der Spielfigur, den Ideen der Spieler und dem Zufallselement des Würfels völlig frei entwickeln. Dieses Prinzip ist bei jedem Rollenspiel-System gleich. Unterschiedlich sind dagegen das Genre, die Gestaltung der fiktiven Welt selbst und das Regelsystem, das zur Durchführung des Spiels notwendig ist. Andere bekannte Rollenspiel-Systeme sind z.B. AD&D, Shadowrun, MERS oder Vampire.

Die Arten des Rollenspiels

Zunächst sei erwähnt, daß Rollenspiel in verschiedenen Formen existiert. Die urtümliche Form ist das Tisch-Rollenspiel (Pen & Paper genannt), bei dem sich einer Gruppe von Spielern zu einer Spielrunde versammelt. Im Normalfall führt ein Einstieg in das Rollenspiel über diese Variante. Daher soll sich die Einführung im Folgenden auf diese Art beziehen.
Der Vollständigkeit halber sollen jedoch auch die anderen Rollenspielformen erwähnt werden. Da ist zunächst das Briefspiel, bei dem es um vorrangig um politische Intrigen, militärische Aktionen, klerikale Ordensgeschäfte und viele andere die Spielwelt lebendig gestaltende Begebenheiten geht, die im Briefwechsel erdacht und fiktiv durchlebt werden. Eine moderne Form davon ist das Mailspiel, das mittlerweile auch schon für herkömmliche Abenteuergeschichten á la Pen & Paper benutzt wird.
Bleibt noch das Live-Rollenspiel. Der Begriff deutet es bereits an, daß dies die Umsetzung der fiktiven Welt in einer dem Laientheater (und auch darüber hinaus) ähnlichen Form mit Requisiten und Gewandung entspricht. Hier wird noch einmal unterschieden zwischen dem Freeform und dem Live-Action-Role-Play (LARP). Während bei dem Freeform-Spiel nur Elemente in loser Folge gespielt werden mit Unterbrechungen für Plaudereien, stellt das LARP eine Spiel-Umsetzung in "Echtzeit" dar, das heißt, die Zeit verläuft kontinuierlich und der Spieler bleibt die gesamte Zeit über in der Rolle.

Pen & Paper

Konzentrieren wir uns wieder auf das Tischrollenspiel. Der Begriff Pen & Paper sagt es bereits: wichtigste Utensilien neben dem - zugegebermaßen oft recht umfangreichen - Regelwerk, einer gehörigen Portion Vorstellungskraft und den obligatorischen Würfeln sind Papier und Stift! Wie funktioniert das Spiel denn nun genau?
Zumeist sitzt man an einem ausreichend großen Tisch, der Platz genug bietet für die erforderlichen Spieldokumente bietet, in einem Raum mit genügend Sitzgelegenheiten, der zudem noch sicher stellt, daß man unter sich bleibt. Wenn dann durch Kerzenschein, Räucherwerk und mythische Klänge noch eine geheimnisvolle Atmohsphäre aufgebaut wird, ist der Spielort beinahe perfekt. Fehlen noch die Hauptakteure, die Spieler!
Die Spielrunde besteht in der Regel aus dem Meister und 3-6 Spielern. Während letztere von dem bevorstehenden Abenteuer nichts wissen und somit auch nicht ahnen, was sie erwarten mag, hat der Meister (neutral auch Spielleiter genannt) alle Fäden in der Hand: Er hat die fiktive Geschichte vorbereitet (sei es ein käuflich erworbenes Abenteuerheft oder aber das Produkt eigener Kreativität), formuliert die Aufgabe, welche die Spieler zu lösen haben, gibt Informationen, beschreibt Situationen und Ereignisse und schlüpft je nach Erfordernis in die Rollen feindlicher dun freundlicher Personen, denen unsere Helden begegnen.
Und unsere Helden, das sind natürlich die Spieler, welche in einem Abenteuer die ganze Zeit über in die Rolle eines aufrechten, mutigen Recken treten und die ihnen zugetragene gefährliche Aufgabe lösen müssen. Dabei müssen die verschiedensten Hindernisse überwunden werden: Gefährlich Monster, unerwartete Hinterhalte, Intrigen, Fallen, unwegsames Gelände und nicht zuletzt auch finstere Magie.
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Heldentypen: Magische (akademische Magier, Druiden, Hexen, usw.), Nichtmagische (Streuner, Krieger, Zwerge, u.v.m.) und Geweihte (In Diensten einer der Zwölfgötter oder deren Abkömmlingen). Der Spieler wählt mehr oder minder frei einen Charaktertyp, wobei jeder Typ und jeder Held seine spezifischen Charaktereigenschaften, Vor- und Nachteile, hat, die der Spieler durch Rollenspiel anschaulich darstellen sollte. Diese Attribute ergeben sich teils aus einem Profil von Eigenschaftswerten und Talentfertigkeiten, teils aus den Vorgaben, die sich der Spieler selbst macht und teils auch aus bereits erlebten Abenteuern, die ihre Spuren hinterlassen haben. Es versteht sich von selbst, daß die Figur als solche, sich im Verlaufe verschiedener Abenteuer verändern kann - wie sich auch ein Mensch im Laufe des Lebens verändern kann.
Wie sieht nun aber konkret das Spiel aus? Dazu ein Beispiel, wie es am Tische geschehen könnte:

Situation: Die Heldengruppe hat einen Dieb ausfindig gemacht und will in seinem Haus Beweise sicherstellen...
Spieler1: "Laßt und bis zur Nacht warten, ich werde einen Weg finden, lautlos in das Haus zu gelangen!" Mein Streuner wackelt mal mit seinen Dietrichen... (Spieler grinst)
Spieler2: "Und auf Eure dilettantischen Fähigkeiten sollen wir uns verlassen?? Könnte sich nicht der werte Herr Magus mit seinen Zauberkräften nützlich machen?"
Spieler3: "Dafür soll ich meine Kraft verschwenden?" Mein Magier zieht die Stirn kraus und setzt sich auf den Stuhl. Ich beobachte lieber, was draußen auf dem Marktplatz vor sich geht.
[...]
Meister: Die Dämmerung setzt jetzt ein. Der Magier sieht, wie die ersten Verkäufer ihre Stände aufräumen. Nach und nach wird es ruhiger in der Stadt und in den Straßen...
S1: Dann brechen wir jetzt auf und gehen zum Haus.
S2: Ich nehm meine Waffen mit - sicher ist sicher!
M: Als Ihr auf die Straße kommt, hört Ihr in der Schritte von schweren Stiefeln. Die Schritte entfernen sich. Offenbar ist die Wache der Stadtgarde gerade vorbei gekommen. So macht Ihr Euch auf den Weg.

So entsteht am Tisch eine Geschichte, die von den Ideen der Spieler lebt. Ein Teil der Geschichte wird durch das Gespräch, der Rest beschreibend in der Spielwelt durchlebt. Der Meister reagiert auf die Ideen und leitet die Heldengruppe durch das Abenteuer. Er soll letztlich dafür sorgen, daß die Geschichte zu einem guten Ende kommt. Die Spieler sollen es nicht zu einfach haben (schließlich ist man ja Held und will am Ende spüren, was man getan hat!), am Ende aber trotzdem über das Böse in der Welt triumphieren.
Natürlich kann nicht alles rein verbal geklärt werden: Immer dann, wenn Fähigkeiten auf die Probe gestellt werden müssen, kommen die Würfel zum Einsatz. Sei es, wenn ein schwieriges Reitmanöver vollbracht werden soll, sei es bei der Anwendungen eines Zauberspruches. Die Höhe des Talentwertes oder der Zauberfertigkeit ist ein Maß für die Kenntnisse des Helden auf dem entsprechenden Gebiet - jedoch entscheiden letztlich die Würfel (gemeinhin 20-seitige Würfel, auch W20 genannt) über Erfolg und Mißerfolg des Helden.
Nach getaner Arbeit, wenn also das Abenteuer bestanden ist, erhält der Spieler Abenteuerpunkte, die sich nach und nach aufsummieren. Die Summe wiederum gibt die Stufe des Helden an, d.h. die Spielfigur gewinnt Erfahrung hinzu. Mit jeder Stufe können bestimmte Werte erhöht werden, so daß der Held mächtiger wird und seine Fähigkeiten ausbauen kann. Dieser Art gestärkt kann er sich auf die Suche machen, nach neuen Herausforderungen und neuen Abenteuern...

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